21. März 2011 | Albrecht Schmiedel | Afrika, Nahost
Ein Artikel von Fidel Castro vom 21. Februar 2011: The Plan is to Occupy Libya. Ich habe das vor einem Monat nicht ganz so ernst genommen. In Zukunft muss man wohl dem alten Herrn etwas genauer zuhören.
20. März 2011 | Albrecht Schmiedel | Afrika, Nahost
Glückwunsch an die Libyer! Endlich helfen ihnen die USA und Großbritannien. Ich denke, am besten wissen das die Afghanen und die Iraker zu schätzen.
Scherz bei Seite. Für die Leute in Libyen beginnt jetzt eine schlimme Zeit. Ihre Infrastruktur wird systematisch zerstört werden. Ich weiß nicht viel über die Verhälnisse dort, aber man muss kein Prophet sein, um die Folgen der „brüderlichen Hilfe“ für das libysche Volk (für die angebliche „Revolution“) abzusehen. Ja, es stimmt, Gaddafi ist keine Lichtgestalt, es gibt in Lybien keine Demokratie. Aber es gibt in Libyen sehr wohl ein normales Leben und einen normalen Alltag für die meisten Menschen und das auf deutlich höherem Niveau als in den anderen nord-afrikanischen Ländern. Dieses normale Leben wird jetzt für viele wahrscheinlich so nicht mehr weitergehen. Es kann zu einem Bürgerkrieg kommen. Mit vielen Toten, Verkrüppelten und Flüchtlingen. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn Gaddafi bald aus der Luft getötet wird.
Das militärische Eingreifen des Westens in Libyen ist aus humanitärer Sicht ganz und gar unverantwortlich. (Ob es für die herrschenden Eliten strategisch sinnvoll ist, oder nur den kurzfristigen Image-Problemen von Obama und Sarkozy geschuldet ist, ist eine ganz andere Frage.) Man kann nur hoffen, dass es nicht so schlimm kommt wie im Irak, aber man kann das nicht wissen. Deshalb ist es ja völlig unverantwortlich. Den Irak hat man durch das militärische Eingreifen und die Invasion in eine wahre Hölle verwandelt: eine Millionen Tote, vier Millionen Flüchtlinge bei einer Bevölkerung von 22 Millionen. Zerstörtes Leben ohne Ende. Die Verantwortlichen für diesen Angriffskrieg gegen den Irak zeigen bis heute keinerlei Reue. Dieselben Mächte (plus Frankreich) greifen heute in Libyen ein. Wie man sich davon nach den Erfahrungen in Afghanistan und im Irak einen humanitären Erfolg versprechen kann, ist für mich nicht nachvollziehbar. Was denken (!) sich eigentlich die Leute, die jetzt diesem neuen Krieg des Westens gegen ein ölreiches Land zujubeln?
Ein Mensch, den ich sehr geschätzt habe und dessen Tod mich berührt, obwohl ich ihn nicht persönlich gekannt habe. Siehe auch Würdigung bei SPON, Sexfront und ein Interview zum Thema LSD. Immer noch sehr lesenswert ein Vortag über Drogenpolitik aus dem Jahr 1999.
Spiegelfechter erklärt, dass es nicht so leicht ist, das durchzusetzen. Die Gefahr eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen den Iran bleibt jedoch. Geführt von der USA bzw. Israel, logistisch gestützt und geduldet von der EU.
Wenn’s nach mir ginge würde sich unsere Regierung aktiv zu dem Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen bekennen und den Kriegsdrohungen („alle Optionen liegen auf dem Tisch, auch die militärische“) entgegentreten.
David Wearing hat einen Leserbrief als Reaktion auf diesen Kommentar im britischen Guardian geschrieben. Ich fand ihn sehr zutreffend, passend auch auf deutsche Mainstreammedien (MSM). Daher habe ich ihn übersetzt:
Die Sichtweisen der Protagonisten in einem Disput zu verstehen ist essentiell für ein fortschrittliches Herangehen an Sicherheitsfragen. Das Verhalten eines Akteurs zu erklären bedeutet nicht es zu billigen; aber es ist erforderlich, um die nötigen Einsichten zu gewinnen, um den schlimmsten Ausgang eines Disputs zu verhindern.
Unglücklicherweise verzichtet Jonathan Freedland in seinem Artikel über die Möglichkeit eines israelischen Angriffs auf den Iran auf diese Herangehensweise („The West Has to Tackle Iran“, Guardian, 25. Juni 2008). Freedland hätte sowohl die iranische als auch die israelische Perspektive darstellen und beide im Licht der bekannten Fakten kritisch analysieren sollen. Stattdessen übernimmt er unkritisch die israelische Perspektive und ignoriert komplett die iranische.
SPON berichtet ausnahmsweise von einem Phänomen mit revolutionärem Potential: die weltweite Kooperation von Freiwilligen beim Sammeln von Geodaten. Leute gehen zu Hause oder im Urlaub durch die Gegend und zeichnen ihre Wege mit einem GPS-Gerät auf. Die Daten werden bei OpenStreetMap gesammelt und integriert. Es entsteht eine sich ständig verbessernde Datengrundlage für Landkarten, Stadtpläne, Navigationsgeräte, etc.
Entscheidend ist, dass die gesammelten Daten (und natürlich auch die Computerprogramme, mit denen sie verarbeitet werden) frei sind (im Sinne von freier Software). Das bedeutet: Jeder darf sie
benutzen (egal wozu),
studieren (um zu verstehen),
verbreiten (das bedeutet natürlich kopieren)
und verbessern (modifizieren, hoffentlich zum besseren).
Gewährleistet wird dies mit einer entsprechenden Lizenz.
Ich bin davon überzeugt, dass auf die Dauer proprietäre (also unfreie) Geodaten keine Chancen haben. Gegen die heute vielleicht 30.000 freiwilligen Datensammler weltweit können die großen Firmen mit ihren wenigen hundert professionellen Datenerhebern vielleicht noch konkurrieren, aber gegen die Millionen in ein paar Jahren wahrscheinlich nicht mehr. Linux und Wikipedia lassen grüßen.
Es entstehen Keimformen einer anderen Art zu produzieren (wie das z.B. hier diskutiert wird). An Stelle des Profits als treibendes Motiv tritt der Wunsch, sich direkt an der Herstellung eines von allen nutzbaren Guts zu beteiligen. Macht auch viel mehr Spaß!
Eines Tages werden z.B. auch Lehrbücher für Innere Medizin und Baupläne für Windräder zur Stromerzeugung auf ähnliche Weise zustande kommen, nämlich durch weltweite Kooperation aller Interessierten über das Internet.